Veröffentlicht am 1. Februar 2023
Modernisierung der Bodentruppen

Übersicht
Die Struktur der Armee wird auf die Bedrohungslage ausgerichtet. Die Umsetzung läuft seit Anfang 2018. Der nächste wichtige Schritt wird die Erneuerung der Mittel zum Schutz der Schweiz vor Bedrohungen aus der Luft sein. Parallel dazu wird die Cyber-Abwehr der Armee laufend verstärkt.
In den nächsten anderthalb Jahrzehnten müssen aber auch die Bodentruppen modernisiert werden. Dazu hat der Bundesrat auf Antrag des VBS am 15. Mai 2019 folgenden Richtungsentscheid gefällt: Die Fähigkeiten der Armee sollen stärker auf das hybride Konfliktbild ausgerichtet werden, sowohl zur Unterstützung der zivilen Behörden als auch zur Verteidigung in einem bewaffneten Konflikt. Und: Bei der Ausrüstung ist eine stärkere Ausrichtung auf mobile, modular einsetzbare sowie einheitlicher ausgerüstete Einsatzverbände vorgesehen.
Dem Entscheid des Bundesrats liegt der Bericht «Zukunft der Bodentruppen» zugrunde, den das VBS erstellt und der Bundesrat zur Kenntnis genommen hat.
Finanzierung aus dem Armeebudget
Seit 1990 sind die Armeeausgaben kontinuierlich von jährlich 15,8 auf 6,5 Prozent der Bundesausgaben im 2022 gesenkt worden. 1990 wurde 1,34 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) in die Armee investiert, 2022 waren es 0,67 Prozent des BIP. Aufgrund des grossen Spardrucks sind Fähigkeitslücken entstanden, welche so rasch wie möglich geschlossen werden sollen.
Die Armee hat in den letzten Jahren Grundlagen für ihre künftige Ausgestaltung erarbeitet. Ergebnis ist ein Zielbild für die Jahre nach 2030, also eine klare Vorstellung darüber, in welche Richtung sich die Armee mittel- bis längerfristig weiterentwickeln soll, ebenso eine Strategie, die aufzeigt, wie sich dieses Zielbild umsetzen lässt. Der Bericht «Die Vereidigungsfähigkeit stärken» der Armee dient dazu, über die Planungen der Armee zu informieren und aufzuzeigen, was es braucht, um die Armee zur Landesverteidigung zu befähigen.
Die konkreten Beschaffungsvorhaben werden mittels den kommenden Armeebotschaften dem Parlament beantragt werden.
FAQ
Entscheide Bundesrat
Am 15. Mai 2019 hat dre Bundesrat das VBS beauftragt, abgestimmt auf die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums, die Modernisierung der Bodentruppen längerfristig wie folgt auszurichten: Die Fähigkeiten der Armee sollen stärker auf das hybride Konfliktbild ausgerichtet werden, sowohl zur Unterstützung der zivilen Behörden als auch zur Verteidigung in einem bewaffneten Konflikt. Und bei der Ausrüstung ist eine stärkere Ausrichtung auf mobile, modular einsetzbare sowie einheitlicher ausgerüstete Einsatzverbände vorgesehen. Der Vorteil dieser längerfristig angestrebten Ausrichtung besteht darin, dass das Schwergewicht bei den Bodentruppen in erster Linie auf die Fähigkeiten gelegt wird, die in hybriden Konflikten wesentlich sind. Sie wären damit gut auf Einsätze in überbautem Gelände ausgerichtet, wie es für die Schweiz charakteristisch ist.
Am 7. September 2022 hat der Bundesrat einen Zusatzbericht zu seinem Sicherheitspoltischen Bericht 2021 gutgeheissen. Demnach will er – unter Einhaltung der Neutralität – die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Schweiz konsequenter als bislang auf internationale Zusammenarbeit ausrichten. Zudem soll die Modernisierung der Fähigkeiten und Mittel der Armee vorangetrieben werden. Dazu liegt eine rollende Investitionsplanung 2023–2035 der Armee vor.
Grundlagenbericht Boden
Das VBS hat drei Optionen geprüft, wie die Bodentruppen in den 2020er und frühen 2030er Jahre weiterentwickelt werden könnten. Grundsätzlich würde mit allen Optionen ein ähnliches Fähigkeitsprofil angestrebt; Unterschiede bestehen darin, auf welche Bedrohung die Bodentruppen schwergewichtig ausgerichtet werden und wie die Fähigkeiten ausgestaltet werden.
Mit der Option 1 würden die Fähigkeiten stärker auf einen zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt ausgerichtet, die Armee hätte aber – ähnlich wie heute – nach wie vor Fähigkeiten, um auch irregulären Akteuren unterhalb der Schwelle eines bewaffneten Angriffs robust und wirkungsvoll entgegenzutreten. Die Bodentruppen wären fähig, in einem bewaffneten Konflikt mit grosser Eigenständigkeit und über einen längeren Zeitraum zu verteidigen. Ein gutes Leistungsvermögen würde auch bei der Erfüllung von Schutzaufgaben im Falle erhöhter Spannungen erreicht. Die mechanisierten Mittel würden am Ende ihrer Nutzungsdauer mit modernen Systemen des gleichen Typs ersetzt, um die klassische Duellfähigkeit der mechanisierten Verbände zu erhalten. Mit der grossen Anzahl schwerer Mittel würde gegenüber konventionellen Kräften damit auch eine hohe abhaltende Wirkung erzeugt. Verbände, die vor allem für Schutzaufgaben vorgesehen wären, würden ebenfalls mit gut geschützten Fahrzeugen ausgerüstet. Die Fähigkeit zur Unterstützung der zivilen Behörden im Bereich der Katastrophenhilfe bliebe gleich wie heute.
Für diese Option wären Investitionen in der Höhe von rund 10 Milliarden Franken notwendig, um die heutige Flotte der schweren Mittel durch eine grosse Anzahl neuer Fahrzeuge gleicher Art zu ersetzen, darunter zahlreiche Raupen- und Spezialfahrzeuge. Die jährlichen Betriebskosten für die Systeme der Bodentruppen für Ersatzmaterial und Instandhaltungsbedarf sowie für Munitions- und Betriebsstoffverbrauch lägen (aus heutiger Sicht) künftig bei rund 230 Millionen Franken. Im Vergleich zu heute wäre das ein Anstieg um rund 25 Millionen Franken.
Die Fähigkeiten der Bodentruppen würden mit dieser Option stärker noch als mit der ersten auf das sich verändernde Konfliktbild ausgelegt. In einer Phase von Spannungen könnten vor allem nichtkonventionelle Bedrohungen wirksam bekämpft werden, um eine Eskalation der Lage zu verhindern. Sollte dies nicht gelingen, könnten modular aufgebaute Verbände rasch von Schutzaufgaben in die Abwehr eines bewaffneten Angriffs übergehen. Die Bodentruppen könnten einsatzspezifisch zusammengestellt werden, hätten aber schon in der Grundgliederung die Fähigkeiten, die in einer Eskalation erforderlich wären. Gegenüber Option 1 wäre der Schutzgrad der schweren Verbände und deren Durchsetzungsfähigkeit gegen konventionelle Kräfte etwas tiefer, insbesondere wenn es darum ginge, verlorenes Gelände auf konventionelle Art und Weise zurückzugewinnen. Mit leichteren, aber immer noch gut geschützten, dafür mobileren und vielseitiger einsetzbaren Systemen wäre die Armee aber besser auf das Einsatzumfeld ausgerichtet. Dies würde sich sowohl positiv auf die Unterstützung der zivilen Behörden im Falle von Spannungen als auch auf die Erfüllung der Verteidigungsaufgabe in einem bewaffneten Konflikt auswirken. Auf die Fähigkeit, abseits von Strassen und Wegen eine mobile Verteidigung gegen konventionelle Streitkräfte zu führen, würde weitgehend verzichtet.
Die Umsetzung dieser Option würde Investitionen von 5,5 bis 6 Milliarden Franken erfordern, um prioritär die geschützten Plattformen zu vereinheitlichen. Die jährlichen Betriebskosten für die Systeme der Bodentruppen für Ersatzmaterial und Instandhaltungsbedarf sowie für Munitions- und Treibstoffverbrauch lägen (aus heutiger Sicht) künftig bei rund 205 Millionen Franken. Diese wären im Vergleich zu heute in etwa identisch.
Die Fähigkeiten würden analog zur Option 2 ausgelegt; zusätzlich würde die Durchhaltefähigkeit verbessert, indem der Sollbestand von 100'000 auf 120'000 erhöht würde. Mit den zusätzlichen Truppen könnten Einsätze über längere Zeit durchgeführt oder die Schutzwirkung gesteigert werden. Die damit verbesserte Leistung bei Schutzaufgaben wäre vor allem in einer Phase erhöhter Spannungen bedeutend, wenn es darum geht, kritische Infrastrukturen auch über eine längere Zeitdauer gegen nichtkonventionelle Bedrohungen zu schützen. So würde gegenüber den anderen beiden Optionen das Leistungsvermögen zur Unterstützung der zivilen Behörden gesteigert.
Für die Investitionen würden sich je nach Ausrüstung dieser zusätzlichen Truppen zwei Unteroptionen ergeben: 6–6,5 Milliarden Franken, wenn nur persönliche Ausrüstung für sie vorgesehen würde, oder 8–9 Milliarden Franken, wenn sie auch mit Korpsmaterial und Fahrzeugen ausgerüstet würden. Ohne diese zusätzliche Ausrüstung könnte mit der Bestandeserhöhung lediglich die Durchhaltfähigkeit erhöht werden; mit einer umfassenden Ausrüstung könnten die zusätzlichen Truppen auch etwa für Schutzaufgaben eingesetzt werden.
Die jährlichen Betriebskosten würden abhängig von der Art der zusätzlich zu bildenden Kräfte ansteigen. Würde die Bestandeserhöhung lediglich der Erhöhung der Durchhaltefähigkeit bei länger andauernden Einsätzen dienen, wäre jährlich mit Betriebskosten von 225 Millionen Franken zu rechnen. Würden die 20'000 zusätzlichen Armeeangehörigen als mittlere Kräfte ausgerüstet, würden die Betriebskosten auf 300 Millionen Franken ansteigen.
Der Bundesrat erachtet die Option 2 als geeignete Stossrichtung, um die Bodentruppen bedrohungsgerecht und dem Einsatzumfeld angepasst weiterzuentwickeln. Das Schwergewicht würde in erster Linie auf die Anpassungsfähigkeit gelegt, die in hybriden Konflikten zentral ist. Die zu erwartenden Kosten würden es über einen grösseren Zeitraum auch erlauben, Erneuerungsmassnahmen in den übrigen Teilen der Armee zu ergreifen.
Aus militärischer Sicht beurteilt der Bericht die Option 3 als die beste, weil die gegenüber der Option 2 zusätzlichen Verbände eine noch grössere Flexibilität mit sich brächten. Nach Auffassung des VBS besteht aber derzeit kein Anlass, nach der Bestandssenkung im Zuge der WEA bereits wieder eine Erhöhung vorzusehen. Sollte dies erforderlich sein, bestehen die rechtlichen Grundlagen.
Damit die Armee – und damit auch die Bodentruppen – ihre Aufgaben auch in Zukunft erfüllen kann, muss sie sich immer wieder anpassen: an der Bedrohung, am Einsatzumfeld, am technologischen Fortschritt und nicht zuletzt an den finanziellen und politischen Rahmenbedingungen. Vor allem drei Faktoren haben einen Bericht zur Zukunft der Bodentruppen erforderlich gemacht:
- Die Bedrohung ist komplexer geworden: In heutigen Konflikten zeigt sich eine Vielzahl von Akteuren und Aktionsformen, die Grenzen zwischen Friede und Krieg verwischen sich. Bodentruppen kommen in einem immer breiteren Eskalationsspektrum zum Einsatz.
- Einsätze von Bodentruppen finden zunehmend in Städten und Agglomerationen statt. Im Schweizer Mittelland gibt es kaum noch Platz für raumgreifende Aktionen mechanisierter Grossverbände; dies hat Konsequenzen für die Mittel und die Organisation der Bodentruppen.
- In den nächsten 10 Jahren erreichen die meisten Hauptsysteme der Bodentruppen ihr Nutzungsende. Würden sie ersatzlos ausser Dienst gestellt, würde die Bodentruppen praktisch alle ihre heutigen Fähigkeiten verlieren. Sie könnte ihre Aufgaben dann nicht mehr erfüllen.
Zur Erstellung des Berichts setzte der Chef der Armee eine Expertengruppe ein, die sich aus Vertretern der relevanten Fachbereiche der Armee, Armasuisse und dem Generalsekretariat des VBS zusammensetzte. Der Bericht wurde unter Aufsicht des Chefs Armeestab und unter der Führung des Kommandanten Heer erstellt.
Die beiden Berichte zur Zukunft der Bodentruppen und der Luftverteidigung sind eng aufeinander abgestimmt und dienen zusammen als konzeptionelle Grundlage für die kohärente Fortführung der Weiterentwicklung der Armee (WEA) über das nächste Jahrzehnt hinweg.
Im Unterscheid zum Bericht «Luftverteidigung der Zukunft» konzentriert sich der Bericht «Zukunft der Bodentruppen» nicht auf ein Rüstungsprogramm, sondern er weist die Stossrichtung der Beschaffungsvorhaben und werterhaltenden oder nutzungsverlängernden Massnahmen für Bodensysteme über die nächsten 15 Jahre. Überdies erläutert der Bericht nicht nur die Weiterentwicklung der Bodentruppen im engeren Sinn, sondern beschreibt auch die zahlreichen Abhängigkeiten innerhalb des Gesamtsystems Armee, namentlich zu den Fähigkeiten im elektronischen Bereich (inkl. Cyber) und im Luftraum.
Szenarien
Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat sich in den letzten Jahren insgesamt verschlechtert. Neben der anhaltenden Bedrohung durch den Terrorismus sind es heute vor allem sogenannt uneindeutige oder hybride Konflikte, welche die Bedrohungswahrnehmung prägen. Noch vor einigen Jahren wurde in der Regel zwischen Konflikten unterschieden, die entweder mit konventionellen oder aber mit unkonventionellen Mitteln und Methoden geführt wurden, zwischen regulären und irregulären Akteuren und zwischen symmetrischen und asymmetrischen Vorgehensweisen und Kräfteverhältnissen. Demgegenüber dürfte es in Zukunft immer häufiger zu einer Durchmischung all dieser Formen kommen, zu einer Kombination von Konfliktformen und Akteuren, woraus eine nur schwer fassbare Bedrohung entsteht. Für einen Aggressor geht es darum, einen Staat und dessen Gesellschaft – verdeckt oder offen – im Innern zu destabilisieren und zu lähmen, um seine Ziele möglichst ohne offenen Einsatz militärischer Mittel zu erreichen. Eine direkte Konfrontation mit der Armee des Verteidigers wird nach Möglichkeit vermieden; ein offener konventioneller Angriff mit militärischen Kräften erfolgt – wenn überhaupt – üblicherweise erst dann, wenn mit keiner koordinierten Abwehr mehr gerechnet werden muss oder wenn ein für den Angreifer vorteilhaftes Kräfteverhältnis besteht. Grundsätzlich wird angestrebt, die strategischen Ziele ohne oder lediglich mit einem begrenzten offenen Einsatz konventioneller militärischer Gewalt zu erreichen.
Im Rahmen einer hybriden Bedrohung besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass konventionell kämpfende, reguläre militärische Verbände zum Einsatz gelangen, entweder um eine Abschreckungswirkung zu erzielen oder in einer militärischen Auseinandersetzung eine Entscheidung herbeizuführen. So könnten beispielsweise reguläre Verbände, ausgerüstet mit Panzern und Artillerie, an der Grenze aufmarschieren und einen Staat zusätzlich bedrohen, der bereits durch anhaltende Gewalt von beträchtlichem Ausmass im Landesinnern destabilisiert wurde. Denkbar ist ihr Einsatz auch, um durch eine überraschende Aktion gleich zu Beginn eines Konflikts ein fait accompli zu schaffen. Fähigkeiten, einen herkömmlichen bewaffneten Angriff abzuwehren, sind für einen Verteidiger deshalb auch in Zukunft wesentlich.
Moderne Konflikte werden nicht mehr nur am Boden und in der Luft ausgetragen, sondern auch im elektromagnetischen und im Cyber-Raum, im Weltraum und – weiterhin, aber über neue Kommunikationskanäle – im Informationsraum. Dabei haben die neuen Formen der Kriegführung wie etwa Cyber-Angriffe die herkömmlichen nicht verdrängt, sondern sie ergänzen und verstärken diese. Die Bodentruppen sind auch in künftigen Konflikten wesentlich, weil oft nur sie die Entscheidung herbeiführen, weil sie dort eingesetzt werden, wo die Bevölkerung lebt und arbeitet.
Eine Herausforderung speziell für die Bodentruppen besteht darin, dass künftige Einsätze hauptsächlich in überbautem Gelände stattfinden. Die Siedlungsfläche und -dichte der Schweiz nehmen stetig zu; mittlerweile gibt es im Mittelland kaum mehr unüberbautes Gelände, das sich für raumgreifende Aktionen mechanisierter Grossverbände eignen würde. Gleichzeitig wird die Armee heute nicht mehr nur für die Kampfführung in zwischenstaatlichen Konflikten eingesetzt, sondern – als subsidiäre Unterstützung ziviler Behörden – auch für die Bewältigung von sicherheitspolitischen Herausforderungen geringeren Ausmasses sowie für die Hilfeleistung zugunsten der Zivilbevölkerung. Die Bodentruppen sind dabei ein zentraler Teil der Armee; sie sind deren sichtbarstes Element und werden dort eingesetzt, wo die Bevölkerung lebt und arbeitet. Sie agieren damit unter ständiger medialer Beobachtung, rechtlich komplexen Bedingungen und in enger Zusammenarbeit mit zivilen Rettungs- oder Sicherheitskräften.
Die militärische Friedensförderung ist eine wichtige Aufgabe der Armee. Der Bericht «Zukunft der Bodentruppen» nimmt aber bewusst keine neue Gewichtung der Armeeaufgaben oder eine Neudefinition des Leistungsprofils der Armee vor. Er zeigt vielmehr grundsätzlich auf, wie die Fähigkeiten der Bodentruppen weiterentwickelt werden. Dabei kommen diese Fähigkeiten auch der Friedensförderung zugute.
Es ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die Fähigkeitsentwicklung der Armee, für ihre Organisation, Einsatzverfahren und nicht zuletzt für ihr Material. In den 2020er und frühen 2030er Jahren, d.h. im selben Zeitraum, in dem auch die Mittel zum Schutz des Luftraums erneuert werden müssen, werden zahlreiche Hauptsysteme der Bodentruppen ihr Nutzungsende erreichen. Bereits in den nächsten Jahren werden die Panzerjäger 90 ausser Dienst gestellt werden müssen, wodurch die Armee ihre Fähigkeiten zur weitreichenden Panzerabwehr verliert. Dann fällt mit den über fünfhundert Radschützenpanzern 93 eines der Hauptsysteme der Infanterie weg, ebenso mit über dreihundert Aufklärungsfahrzeugen 93 das Hauptsystem der Aufklärungsformationen. Mitte der 2020er Jahre wird auch die Panzerhaubitze M 109 inklusive der 15,5-cm-Munition das Ende ihrer geplanten Nutzungsdauer erreichen. Zum System der Artillerie gehören überdies die aus den 1960er Jahren stammenden Raupentransportfahrzeuge sowie die Schützenpanzer M-113, die als Kommando- und Feuerleitpanzer nicht nur bei der Artillerie, sondern als Sappeur- und Minenräumpanzer auch bei der Genie nach wie vor im Einsatz stehen. Auch diese Fahrzeuge, von denen die Armee mehrere hundert Stück besitzt, sind veraltet und bieten keinen wirksamen Schutz mehr. In den frühen 2030er Jahren werden auch der Kampfpanzer 87 Leopard, das Hauptsystem der Panzertruppen, und etwas später der Schützenpanzer 2000 (sofern er, wie geplant, in den nächsten Jahren werterhalten wird) ans Ende ihrer geplanten Nutzungsdauer gelangen, ferner rund achtzig Spezialfahrzeuge, die auf dem Radschützenpanzer Piranha basieren. Viele dieser Systeme haben bereits heute nur noch geringen militärischen Wert. In einem bewaffneten Konflikt mit einem Gegner, der moderne Mittel einsetzt, würden sie sich kaum mit Aussicht auf Erfolg einsetzen lassen.
Dass so viele Hauptsysteme im gleichen Zeitraum ihr Nutzungsende erreichen, ist für die Finanzierung des Gesamtsystems eine Herausforderung; es bietet aber auch die Chance, das Fähigkeitsprofil der Armee gesamtheitlich auf das sich verändernde Konfliktbild auszurichten. Es geht also darum zu prüfen, über welche Fähigkeiten die Armee künftig verfügen muss, um ihre Aufgaben zu erfüllen, und welche Systeme zu ersetzen oder neu zu beschaffen sind, die für diese Fähigkeiten erforderlich sind.
Es ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll, sämtliche Systeme am Ende ihrer Nutzungsdauer zu ersetzen. Trotzdem muss sichergestellt werden, dass die Bodentruppen auch weiterhin über die Fähigkeiten verfügt, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben braucht.
Um Fähigkeitslücken zu vermeiden, werden darum verschiedentlich Werterhalt- oder Nutzungsverlängerungsmassnahmen nötig sein, um die Systeme so lange im Dienst zu halten, bis sie durch neue abgelöst werden, die der Stossrichtung im Gesamtsystem entsprechen.
