Schweizer Soldaten seit 70 Jahren in Korea präsent
Die Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens zwischen Süd- und Nordkorea am 27. Juli 1953 markiert die Geburtsstunde der schweizerischen militärischen Friedensförderung. In den folgenden Wochen flogen 146 zum Selbstschutz bewaffnete Schweizer Soldaten auf die koreanische Halbinsel und nahmen ihre Tätigkeit in den beiden Kommissionen NNSC und NNRC auf.
14.04.2023 | Kompetenzzentrum SWISSINT, Oberstleutnant i Gst Tobias Frey
Ende Juni 1950 griff das kommunistische Nordkorea das teil-demokratische Südkorea an und besetzte es bis auf ein kleines Stück Land an der Südspitze. Zwei Tage später entschied der UNO-Sicherheitsrat in Abwesenheit der Sowjetunion Südkorea zu unterstützen und erteilte den USA die Führungsrolle für die UNO-Truppen, das sogenannte United Nations Command (UNC). Diesem gelang es zwar die nordkoreanische Armee bis weit in den Norden zurückzudrängen, die jedoch mit Unterstützung einer chinesischen Freiwilligenarmee die Truppen des UNC wieder zurückwarf. Im Verlauf des dreijährigen Krieges wurde praktisch die ganze Infrastruktur des Landes zerstört und beide Seiten erlitten grosse Verluste unter den Soldaten wie auch der Zivilbevölkerung.
Nach zweijährigen zähen Verhandlungen unterzeichneten die Kriegsparteien am 27. Juli 1953 ein Waffenstillstandsabkommen, in dessen Rahmen vier Kommissionen gebildet wurden. Für Südkorea hatte die UNCMAC (United Nations Command Military Armistice Commission) und für Nordkorea die KPA/CPV MAC (Korean People’s Army/Chinese People’s Volunteers Military Armistice Commission) zu überwachen, dass sich die Streitkräfte beider Seiten an die Bestimmungen des Abkommens hielten. Weiter waren zwei neutrale Kommissionen für die Überwachung des Waffenstillstandes (Neutral Nations Supervisory Commission, NNSC) sowie für die Rückkehr der Kriegsgefangenen (Neutral Nations Repatriation Commission, NNRC) verantwortlich. Der Süden wählte hierfür die Schweiz und Schweden, der Norden entschied sich für Polen und die Tschechoslowakei. Alle vier Staaten galten als neutral, weil sich keiner von ihnen mit Kampftruppen am Koreakrieg beteiligt hatte.
Die vier Länder stationierten je 50 Angehörige in der NNRC und je 96 Angehörige in der NNSC in Panmunjom beidseits der militärischen Demarkationslinie innerhalb der demilitarisierten Zone. Die NNSC hatte zu überwachen, dass sich beide Kriegsparteien strikte an die Vereinbarungen des Waffenstillstandsabkommens hielten, das vor allem eine Wiederaufrüstung verhindern sollte. Da sowohl die UNCMAC wie auch die KPA/CPV MAC aus den kriegsführenden Nationen zusammengesetzt war, wurde zusätzlich diese neutrale Kommission geschaffen. Die ursprünglich weitreichende Kontroll-, Beobachtungs-, Inspektions- und Untersuchungsfunktion der NNSC wurde jedoch bereits zu Beginn der Mission im August 1953 darauf reduziert mit Inspektionsteams an zehn im Waffenstillstandsabkommen festgelegten Umschlagplätzen (Ports of Entry) den Austausch von Militärpersonal und Kriegsmaterial zu überwachen.
Die NNRC war für die Durchführung des Kriegsgefangenenaustausches verantwortlich, wobei es sich nur um die Nicht-Heimkehrwilligen handelte. Erstmals in der Geschichte musste ein Kriegsgefangener nach Kriegsende nicht in sein Heimatland zurückkehren, sondern konnte sich frei entscheiden. Wegen diesem Diskussionspunkt und dem Widerstand der Nordseite hatten sich die Waffenstillstandsverhandlungen um mindestens ein Jahr verlängert. Auch dank der Zusage der Schweiz, sich an der NNRC zu beteiligen, konnten diese im Sommer 1953 endlich abgeschlossen werden.
Heute befinden sich je fünf Schweizer und Schweden vor Ort und zeigen mit ihrer Präsenz, dass trotz verändertem Umfeld das Waffenstillstandsabkommen immer noch gültig und zu respektieren ist. Seit 2010 verfügt die NNSC zusätzlich über ein im Rahmen des Waffenstillstandsabkommens erweitertes Aufgabenspektrum. Dazu zählen beispielsweise die Teilnahme an Inspektionen der UNCMAC von Wacht- und Observationsposten auf der Südseite der militärischen Demarkationslinie, die Beobachtung von militärischen Übungen der südkoreanischen und der US-Streitkräfte sowie von Spezialuntersuchungen der UNCMAC bei vermuteten Waffenstillstandsverletzungen. Diese Zusatzaufgaben sollen vor allem der Förderung von Transparenz und der Vertrauensbildung dienen und bestätigen, dass die Unterzeichner des Waffenstillstands die NNSC weiterhin als neutrale und unparteiische Beobachterin einsetzen können, um die Einhaltung des 1953 unterzeichneten Abkommens zu verifizieren.
Gekürzte Fassung. Der vollständige Text und weitere Artikel zur Schweizer Präsenz in Korea sind in der Zeitschrift Swiss Peace Supporter, Ausgabe 1/23 zu finden.