Top-Projekte VBS 2022
Das Dossier zeigt die Entwicklung der Top-Projekte des Departementes auf und beschreibt die nächsten Etappen.
Die Departementsleitung VBS hat sich im 2022 zusammen mit Programm- und Projektauftraggebern über die Führung der Top-Projekte VBS ausgetauscht und gemeinsame Eckwerte festgelegt. Weiter hat das VBS entlang der Eckwerte eine interne Schulung aller Programm- und Projektleiter von Top-Projekten sowie anderen Schlüsselpersonen durchgeführt.
Das VBS hat sich vertieft mit den Abhängigkeiten der verschiedenen Projekte und Systemen auseinandergesetzt. Das Departement führt ab 2023 ein Projektportfolio. Dieses ermöglicht den jeweiligen Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträgern, die richtigen Prioritäten bei den Projekten zu setzen und die Ressourcen gezielt zu steuern. Die Gruppe Verteidigung ist in Umsetzung der Empfehlungen der Beschaffungsanalyse von Deloitte bei der Einführung eines Portfolios am weitesten fortgeschritten. Eine entsprechende Organisationseinheit wurde per Januar 2023 gebildet.
Eine grosse Herausforderung und zugleich ein bedeutendes Risiko sind die globalen Engpässe in den Lieferketten. Verzögerungen in den Projekten sind aus diesem Grund bereits eingetroffen und weitere Verschiebungen können nicht ausgeschlossen werden. Dies betrifft beispielsweise die Projekte Telekommunikation der Armee (TK A), Militärisches Anflugleitsystem Plus (MALS Plus) und das Führungsnetz Schweiz. Die Lieferengpässe haben nicht nur Auswirkung auf die laufenden Projekte, sondern können auch zu Obsoleszenzen bei den eingeführten Systemen führen. Weiterhin ein Risiko beziehungsweise bereits eingetroffen ist der Ressourcenengpass bei IKT-Fachkräften. Die bisher ergriffenen Massnahmen haben keine oder nicht die gewünschte Wirkung entfaltet. Mit einer Handlungsrichtlinie zur IKT-Führung des Chefs der Armee vom 5. April 2022 hat die Gruppe Verteidigung die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung geschärft, indem jedes Vorhaben oder Projekt die erforderlichen Mittel selbst mitbringen muss. Siehe dazu auch den Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) vom 5. Oktober 2022 zur Ressourcensteuerung der Führungsunterstützungsbasis (FUB). Nebst dem IT-Personalmangel zeichnet sich aufgrund der anstehenden Pensionierung der Babyboomer-Generation zudem ein allgemeiner Fachkräftemangel in verschiedenen Bereichen ab.
Das VBS hat im 2022 in mehreren Projekten die Unterstützung von Anwaltskanzleien beigezogen, um allfällige Nachteile für den Bund abzuwenden und sich auf allfällige Rechtsstreitigkeiten vorzubereiten. Ebenso hat das VBS Revisionsgesellschaften mandatiert, um gewisse Sachverhalte extern und unabhängig beurteilen zu lassen.
Ausführungen zu einzelnen Projekten
Voice System der Armee (VSdA): Das krisenresistente und bis Stufe VERTRAULICH taugliche System der drahtgebundenen Sprachkommunikation ist in Betrieb. Das Projekt wurde per 31. März 2022 abgeschlossen. Einige Standorte waren teilweise baulich oder netzwerk-technisch nicht bereit. Diese werden im Rahmen des Betriebs erschlossen.
Rechenzentrum VBS/Bund, Immobilien: Die Projektorganisation FUNDAMENT konnte am 20. Juni 2022 aufgelöst und das Projekt per Ende Juni 2022 formell abgeschlossen werden. Ebenfalls konnte per Ende 2022 das zweite Rechenzentrum CAMPUS abgeschlossen werden.
Air2030, Neues Kampflugzeug und Bodengestütztes Luftverteidigungssystem grösserer Reichweite: Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge des Typs F-35A und eines bodengestützten Luftverteidigungssystems grösserer Reichweite des Typs Patriot kommen nach der Unterzeichnung der Beschaffungsverträge im Herbst 2022 in die Realisierungsphase. Um zu analysieren, ob die organisatorische Struktur des Programms Air2030 für diese Phase optimal aufgesetzt ist, hat armasuisse das Unternehmen PriceWaterhouseCoopers AG mit einem Review der Führung des Programms Air2030 und seiner Gremien beauftragt. Der Bericht wird im Frühling 2023 erwartet.
Aufklärungsdrohnensystem 2015 (ADS 15): armasuisse hat die ersten zwei von sechs Aufklärungsdrohnen sowie das für den Flugbetrieb nötige Material an die Luftwaffe übergeben. Die Militärluftfahrtbehörde hat die dafür notwendige Zertifizierung ausgestellt. Damit kann die Luftwaffe nun mit dem Aufbau der operativen Fähigkeiten für ADS 15 beginnen. Die restlichen Drohnen werden bis Ende 2023 übergeben. Das Detect and Avoid-System (DAA) wird bis zum Projektabschluss per Ende 2024 entwickelt und die Komponenten auf den Drohnen integriert sein. Die unabhängige Militärluftfahrtbehörde (Military Aviation Authority MAA) wird anschliessend in Abstimmung mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt den Entscheid die finale Luftraumintegration fällen. Genehmigen die genannten Behörden den Antrag auf Luftraumintegration, so wird das ADS 15 (mit dem DAA-System) bei Tag und Nacht ohne Begleitflugzeug operieren können und dürfen. Bis dahin – sprich bereits heute – können die Drohnen in kontrollierten Lufträumen bei Tag sowie in der Nacht unbegleitet operieren. Nur bei Tag im unkontrollierten Luftraum ist ein Begleitflugzeug nötig. Dieser Anteil mit Begleitflugzeug entspricht ca. 45% der Flüge; das bedeutet umgekehrt, dass schon heute über die Hälfte im Alleinflug möglich ist.
Rechenzentren VBS/Bund: Das bisherige Projekt enthielt die Teilprojekte Immobilien mit den Rechenzentren FUNDAMENT, CAMPUS und KASTRO sowie das Teilprojekt IKT Architektur&Infrastruktur (IKT A&I). Die zwei ersten Immobilienprojekte FUNDAMENT und CAMPUS wurden im 2022 abgeschlossen und beide Rechenzentren konnten dem Betrieb übergeben werden. Die verbleibenden Projekte KASTRO II und IKT A&I werden fortan als eigenständige Projekte geführt, wobei IKT A&I weiterhin ein DTI-Schlüsselprojekt Bund ist.
Im Rahmen der Bauprojektplanung beim Rechenzentrum KASTRO II wurde nochmals geklärt, ob ein bundeseigener Standort zu Kosteneinsparungen führen würde. Die Resultate der Abklärung sind massgeblich von den geologischen Beurteilungen abhängig.
Eine grosse Herausforderung ist weiterhin IKT A&I zusammen mit dem Projekt Air2030, C2Air – Ersatz der Führungssysteme des Luftraumüberwachungs- und Einsatzleitsystems Florako. Mit dem Rüstungsprogramm 2021 war vorgesehen, das neue Führungssystem SkyView in die Rechenzentren VBS zu überführen. Zum Zeitpunkt des Entscheids für SkyView war noch offen, in welchem Umfang dieses auf Funktionalitäten der Rechenzentren VBS basieren kann und ab wann diese zur Verfügung stehen. In der Zwischenzeit wurde die Ausstattung der Rechenzentren VBS auf SkyView abgestimmt. Resultat: Das einsatzkritische Echtzeitsystem stellt höhere Anforderungen an die Rechenzentren VBS als angenommen. Es entstehen Mehrkosten bei SkyView in den Bereichen Netzwerk und Verschlüsselung sowie bei den Rechenzentren VBS für zusätzliche Hardware.
Bezüglich der Mehrkosten haben die Gruppe Verteidigung und armasuisse mehrere Massnahmen geprüft und kommen zum Schluss, dass Zusatzkredite unumgänglich sind. Die Chefin VBS, Bundesrätin Viola Amherd, hat in Folge Mitte November 2022 die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmung BDO AG mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt. Diese Prüfung bestätigt die Notwendigkeit des finanziellen Mehrbedarfs und stellt dafür im Wesentlichen drei Ursachen fest. Die Verzögerungen sind auf asynchrone Projekt- und Zeitpläne und nicht ausreichende personelle Ressourcen zurückzuführen, die Abhängigkeiten wurden unterschätzt, zudem entstehen Mehrkosten für den Ausbau der Rechenzentren VBS. Die Chefin VBS hat die Armee und armasuisse beauftragt, die Lehren aus dem Bericht zu ziehen und konkrete Massnahmen zu erarbeiten. Die detaillierten Ergebnisse liegen im Frühsommer 2023 vor.
Das VBS beantragt in der Armeebotschaft 2023 einen entsprechenden Zusatzkredit für die Rechenzentren. Ebenso ist in der Armeebotschaft 2023 ein Zusatzkredit für C2Air/Florako beantragt.
Ehemaliges Munitionslager Mitholz: Der Bundesrat hat am 16. November 2022 die Botschaft zur Räumung des ehemaligen Munitionslagers zuhanden des Parlaments verabschiedet. Beantragt wird ein Verpflichtungskredit von 2,6 Milliarden Franken., aufgeteilt auf zwei Tranchen: 1,1 Milliarden Franken für Voraus- und Schutzmassnahmen sowie für die Vorbereitung der Räumung. 740 Millionen Franken. für die Räumung und Entsorgung der Munitionsrückstände sowie für die Instandsetzung des Geländes und die Wiederbesiedelung von Mitholz. Zudem sind 760 Millionen Reserven enthalten für Projektrisiken und die erwartete Teuerung. Die Projektorganisation Mitholz hat ein externes, projektbezogenes Qualitäts- und Risikomanagement eingesetzt.
Neue Produktionssysteme swisstopo (NEPRO): swisstopo nutzt die Gelegenheit der Migration zu einer Weiterentwicklung der Produktionsprozesse, um deutlich mehr als einen reinen Systemupgrade zu erreichen. Der entsprechende Verpflichtungskredit wurde durch die Räte bewilligt. Da das Programm aus einer Vielzahl von Projekten mit unterschiedlichem Fortschrittsgrad besteht, sind auch verschiedene, zeitlich unterschiedliche Projektziele zu erreichen. swisstopo hat Lücken erkannt und die für den Programmerfolg notwendigen Massnahmen definiert und grösstenteils bereits ergriffen.
Werterhalt Polycom 2030 (WEP2030): Die Lieferfirma Atos konnte dank Unterstützung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz BABS die wesentlichen noch verbleibenden Mängel und Pendenzen sukzessive abarbeiten und das System mit bisher noch fehlenden Funktionalitäten ergänzen. Die Eintrittskriterien für den «Mass-Rollout» wurden damit nach mehreren zeitlichen Verschiebungen erfüllt. Der Steuerungsausschuss des Projektes, dem neben dem BABS und weiteren Stellen des Bundes auch Vertreter der Kantone angehören, konnte die Freigabe im Oktober 2022 erteilen. Das Risiko auf einen darüberhinausgehenden Parallelbetrieb konnte nicht beseitigt werden. Das VBS ist nicht bereit, die damit verbundenen Mehrkosten zu tragen.
Sicheres Datenverbundnetz plus (SDVN+): Der Bundesrat hat am 16.12.2022 die Teilfreigabe der Finanzmittel der 2. Etappe bewilligt und damit die Finanzierung der Standorterschliessungen bis 2025 gesichert. Die entsprechenden Planungsarbeiten werden fortgesetzt. Zudem hat die Projektaufsicht den Projektauftrag genehmigt und das Projekt befindet sich nun in der Realisierungsphase.
Als Herausforderungen müssen insbesondere Lieferengpässe bei den Materiallieferanten betrachtet werden. Das zu verbauende Material für das Führungsnetz Schweiz oder den Layer 3 muss termingerecht zur Verfügung stehen. Ausserdem könnten Terminverzüge während der Projektphase zu einer Kostenüberschreitung im Betrieb führen.
Telekommunikation der Armee (TK A): Das Projekt TK A umfasst sechs Beschaffungsschritte. Zwei davon sind bereits abgeschlossen, zwei noch nicht gestartet. armasuisse hat Ende 2022 den Beschaffungsschritt Ersa IMFS an die Lieferantin verbunden mit einen Risikoabbauplan vergeben.
TK A ist für die Armee im Bereich Kommunikation entscheidend. Es verbindet die einzelnen Systeme der Armee untereinander. Das führt folglich zu Abhängigkeiten wie bspw. mit dem Mörser 16. Es ist möglich, dass Projektverzögerungen bei TK A sich zeitlich auf andere Projekte auswirken können.
IKT-Entflechtung: Die im 2016 beauftragte IKT-Entflechtung im VBS steht in Zusammenhang mit der Umsetzung der IKT-Strategie Bund 2016–2019. Als Teil der Umsetzung der Strategie wird seither mit dem Programm Entflechtung IKT-Basisleistungen die Trennung zwischen der zivilen und militärischen IKT vorangetrieben. Diese Entflechtung, mit der Auslagerung der Büroautomation und Fachanwendungen Basis von der FUB zum BIT, trägt massgeblich dazu bei, die Voraussetzungen für das Kommando Cyber zu schaffen.
Seit der Programmfreigabe im März 2019 konnte die Entflechtung der Büroautomation in den Ämtern GS-VBS, BABS, NDB und armasuisse erfolgreich abgeschlossen werden. Die Gruppe Verteidigung befindet sich in der Einführung des IKT-Standarddienst Büroautomation mit dem Leistungserbringer BIT. Die Einführung soll bis Mitte 2025 abgeschlossen werden. Zudem hat der Chef der Armee letztes Jahr verschiedene Handlungsrichtlinien erlassen, damit der Aufbau des Kommando Cyber auf Anfang 2024 sichergestellt werden kann. Dazu gehört die Überführung der Betriebsorganisation der Führungsunterstützungsbasis FUB ins BIT.
Aufgrund der abgeschlossenen Entflechtung der Büroautomation der zivilen Ämter und den veränderten Rahmenbedingungen in der Gruppe Verteidigung hat Generalsekretär VBS als Programmauftraggeber in Absprache mit dem Chef der Armee, entschieden, das Programm auf Ende Februar 2023 aufzulösen. Die laufenden Projekte werden einzeln in neuer Zuständigkeit in der Gruppe Verteidigung und im Generalsekretariat VBS weitergeführt. Dabei wird bzw. bleibt das Projekt Entflechtung BURAUT/UCC Gruppe Verteidigung (EBUV) ein DTI-Schlüsselprojekt Bund.
Kommando Cyber inklusive NDP: Beim Projekt Kdo Cyber konnte per Ende 2022 die Konzept-Phase abgeschlossen werden. In der vergangenen Phase wurde das Organisationskonzept erstellt und der Fähigkeitsaufbau vorangetrieben. Es wurden bereits erste organisatorische Überführungen umgesetzt. Im Zentrum stand die Erstellung der Grob- und Feinstrukturen Kommando Cyber ab 2024.
Während das Projekt Kdo Cy die künfitige Organisation sicherstellt, wird parallel dazu mit dem Cluster «Neue Digitalisierungsplattform (NDP)» die technische Voraussetzung für die künftige IT geschaffen. Unter NDP wird die verteilte, robuste, hochsichere und widerstandsfähige IKT-Plattform verstanden, auf welcher einsatzkritische Anwendungen der Armee installiert und genutzt werden. Nebst dem Rechenzentrum VBS/Bund 2020, IKT Architektur&Infrastruktur gehören weitere Bestandteile wie z.B. Endgeräte, Sicherheitselemente, Integrationsservices für den integralen Datenaustausch aber auch der Aufbau der Betreiberorganisation und die für den Betrieb nötigen Prozesse zur Realisierung der NDP dazu. Nach dem initialen Aufbau der NDP – begonnen im 2022 – wird diese weiterentwickelt und laufend den Bedürfnissen angepasst. Die Herausforderung hier ist die sukzessive Integration der Anwendungen der Armee.