Weiterentwicklung der Dienstpflicht
Der Bundesrat will den Bestand von Armee und Zivilschutz langfristig sicherstellen. Am 12. November 2025 hat er die Vorlage zur Einführung des obligatorischen Orientierungstages für Frauen in die Vernehmlssung geschickt. Das Parlament wiederum hat eine Motion überwiesen, welche den Bundesrat beauftragt, die Sicherheitsdienstpflicht schnellst möglichst einzuführen.

Übersicht
Der Sollbestand des Zivilschutzes von 72’000 Zivilschutzpflichten wird bereits heute markant unterschritten und liegt aktuell bei 57’000. Die Armee wird gegen Ende des Jahrzehnts nicht mehr in der Lage sein, den Effektivbestand von 140'000 Armeeangehörigen sicherzustellen, falls es nicht gelingt, die vorzeitigen Abgänge substanziell zu senken. Deshalb hat der Bundesrat Ende Juni 2021 mit dem ersten Teil des Berichts zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz kurz- und mittelfristige Massnahmen in die Wege geleitet. Zum einen will er den Personalbestand des Zivilschutzes verbessern und hat dazu die Botschaft zur Teilrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes (BZG) zuhanden des Parlaments verabschiedet. Zum anderen will er mit einer Änderung des Zivildienstgesetzes (ZDG) die Zulassungen zum Zivildienst senken. Ferner arbeitet die Armee an kurz- und mittelfristigen Massnahmen. Dazu gehören eine weiter verbesserte Vereinbarkeit von Militärdienst und Zivilleben, eine höhere Bindung von Militärdienstpflichtigen an die Armee, die Ausdehnung von Spezialfunktionen innerhalb der Armee oder die Flexibilisierung der Dienstpflichterfüllung.
Am 4. März 2022 hat der Bundesrat das VBS beauftragt, mit der «Sicherheitsdienstpflicht» und der «bedarfsorientierten Dienstpflicht» zwei Varianten für die langfristige Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems zu vertiefen. Dies mit dem Ziel, die Personalbestände von Armee und Zivilschutz längerfristig zu sichern.
Zwei Varianten für die langfristige Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems
In der «Sicherheitsdienstpflicht» sind wie heute ausschliesslich Schweizer Männer dienstpflichtig. Sie leisten Dienst in der Armee oder im Katastrophenschutz, einer neuen aus Zivilschutz und Zivildienst fusionierten Organisation in der Zuständigkeit der Kantone. In der «bedarfsorientierten Dienstpflicht» wird die Dienstpflicht auf Schweizer Frauen ausgeweitet, wobei nur Dienst leistet, wer für die Alimentierung von Armee und Zivilschutz benötigt wird. Der Zivildienst bleibt bestehen. In beiden Varianten werden mehr Diensttage im Zivilschutz und weniger in den Tätigkeitsbereichen des heutigen Zivildienstes geleistet. Der vertiefende Bericht zeigt, dass sich sowohl die «Sicherheitsdienstpflicht» als auch die «bedarfsorientierte Dienstpflicht» dazu eignen, die Bestandesprobleme von Armee und Zivilschutz langfristig zu lösen.
Gemäss Bericht des VBS fallen bei beiden Varianten Investitionen für Unterkünfte und Ausbildungsinfrastruktur in der Höhe von schätzungsweise 900 Millionen Franken an. Ebenfalls in beiden Varianten steigen die jährlichen Kosten für Bund und Kantone um rund 900 Millionen Franken.
Laufende Arbeiten berücksichtigen
Der Bundesrat hat das VBS beauftragt, ihm bis Ende 2027 Antrag zum weiteren Vorgehen zu stellen, sobald belastbare Erkenntnisse zur Auswirkung der Revisionen von Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz (BZG) und Zivildienstgesetz (ZDG) und der durch die Armee ergriffenen Massnahmen auf die Alimentierung von Armee und Zivilschutz sowie die Resultate der Gespräche mit den Kantonen vorliegen. Dabei soll eine Beteiligung von Ausländern an der Dienstpflicht geprüft werden.
Obligatorischer Orientierungstag für Frauen soll eingeführt werden
Der Bundesrat will einen obligatorischen Orientierungstag für Schweizerinnen einführen. An diesem Tag, der für junge Männer bereits Pflicht ist, erhalten die jungen Frauen einen vertieften Einblick in die Möglichkeiten und Chancen in der Armee und im Zivilschutz. Das verbessert zum einen die Chancengleichheit, zum anderen ist der Bundesrat davon überzeugt, dass sich dank vertiefter Information mehr Frauen für einen freiwilligen Dienst entscheiden.
Für diesen obligatorischen Orientierungstag für Frauen braucht es eine Änderung der Bundesverfassung. Am 12. November 2025 hat der Bundesrat die erforderlichen Änderungen in Bundesverfassung und Gesetzen in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis zum 28. Februar 2026.
Haltung des Parlamentes
Die Alimentierung der Armee und des Zivilschutzes müssen gesichert werden. Darin sind sich Parlament und Bundesrat einig, nicht jedoch bezüglich Dringlichkeit. National- und Ständerat haben in der Sommersession 2025 eine Motion überwiesen, welche den Bundesrat beauftragt, die Sicherheitsdienstpflicht gemäss Bericht Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems schnellst möglichst einzuführen. Aus Sicht des Parlamentes ist die Dringlichkeit gegeben. Beide Räte verweisen dabei auch auf die Rückmeldungen der Kantone.
Im Weiteren hat der Nationalrat ein Postulat überwiesen, wonach der Bundesrat prüfen muss, ob die Gewissensprüfung als Voraussetzung für die Zulassung zum Zivildienst wieder eingeführt werden soll.
Meilensteine
Meilenstein | Datum |
|---|---|
Antrag des VBS zum weiteren Vorgehen im Bundesrat | Bis Ende 2027 |
Vernehmlassung für den obligatorischen Orientierungstag für Frauen | 12. November 2025 bis 28. Februar 2026 |
Verabschiedung Änderung des Zivildienstgesetzes im Parlament | September 2025 |
Überweisung Postulat zur Prüfung der Wiedereinführung der Gewissenprüfung | Juni 2025 |
Überweisung Motion Einführung der Sicherheitsdienstpflicht | Juni 2025 |
Verabschiedung Änderung des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes im Parlament | März 2025 |
Berichte zur vertieften Prüfung der Varianten «Sicherheitsdienstpflicht» und «bedarfsorientierte Dienstpflicht» sowie zur obligatorischen Teilnahme von Frauen am Orientierungstag | Januar 2025 |
Vernehmlassung Änderung Zivildienstgesetz | 2024 |
Vernehmlassung Änderung Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz | 2023 |
Bericht Alimentierung – 2. Teil: Möglichkeiten zur langfristigen Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems | März 2022 |
Bericht Alimentierung – 1. Teil: Analyse der Bestände und kurz- bis mittelfristige Massnahmen | Juni 2021 |
Auftrag Bundesrat zur längerfristigen Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems | 2017 |
Kenntnisnahme des Berichts der Studiengruppe Dienstpflichtsystem durch Bundesrat | 2016 |
Auftrag Bundesrat an Studiengruppe zur Überprüfung des Dienstpflichtsystems | 2014 |
